Iris Lehmann

IVAM Microtechnology Network
Nov. 25, 2019
IVAM InSide
Iris Lehmann

IVAM Microtechnology Network

Zwanzig Jahre bei IVAM – und in all der Zeit ist immer wieder etwas Spannendes passiert

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Wandel von analog zu digital

Mein erstes Leben bei IVAM begann im November 1999, als ich ad hoc als Schwangerschaftsvertretung für die Position der Pressereferentin eingestellt wurde: am Mittwoch zum Vorstellungsgespräch, am Freitag die Zusage erhalten, am Montag angefangen. Die zu vertretende Kollegin hat nach ihrer Rückkehr aus dem Mutterschutz die Messeorganisation und später die Geschäftsführung übernommen, so dass aus dem ursprünglich befristeten ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis wurde.

Die Frage „Mikrosystemtechnik? – Was ist das?“ hat mich anfangs sehr stark beschäftigt. In meinem früheren Leben hatte ich in einer Werbeagentur als Texterin mit Blumenerde, Fischfutter und Finanzdienstleitungen zu tun und mein Spezialgebiet aus dem Studium war englische Literatur. Wenn mich heute jemand fragt, was mein Job ist, tue ich mich immer noch schwer damit, es so zu erklären, dass Laien es verstehen. Die Frage „was macht Du beruflich?“ ist ein Killer für die meisten Partygespräche.

Frühe Ausgaben des Technologie-Magazins inno.

Damals, vor zwanzig Jahren, war die Pressearbeit noch vergleichsweise analog: Der MikroMedia-Newsletter wurde in MS-Word gesetzt und tausendmal ausgedruckt, die Mitglieder-Info (heute IVAM InSide) auf A3 kopiert, gefaltet und in etikettierte Umschläge gesteckt, das Magazin inno von einer Agentur gestaltet, von der Druckerei gedruckt und vom Mailing-Dienstleister versandt.

Mein Favorit aus dieser Zeit: Die Mitgliederliste mit Logo, Profiltext und Kontaktdaten wurde in einer komplexen Tabelle in Word geführt. Sobald ein neues Mitglied hinzukam, musste man alle Einträge per Cut+Paste verschieben, um es nach Alphabet an der korrekten Stelle einzufügen.

Als wir dann 2004 das digitale „MEMS directory“ (heute IVAM directory) aufgesetzt und in unsere Webseite integriert haben, war das eine echte Erleichterung. Auch für die Nutzer, die seitdem Such- und Filterfunktionen nutzen können.

Die ersten MikroMedia-E-Mail-Newsletter im Juni 2001 habe ich noch selbst verschickt. Um die Digitalisierung der übrigen Medienarbeit, bis hin zu Social-Media-Marketing und Blog, haben sich später meine Nachfolgerinnen auf der Position der PR-Verantwortlichen gekümmert.

Zig Projekte gleichzeitig – Verbandsarbeit ist ausgesprochen abwechslungsreich

Wie man zig Projekte gleichzeitig organisiert, ist das Wichtigste, was ich in den ersten Jahren bei IVAM gelernt habe. Zu meinen Aufgaben als Pressereferentin gehörten außer der Herausgabe der IVAM-Publikationen, dem Schreiben von Artikeln und Pressemitteilungen und dem Führen der Mitgliederliste auch die Organisation der jährlichen Mitgliederversammlung und „die mediengerechte Vor- und Nachbereitung von IVAM-Veranstaltungen und Messeauftritten“.

Meine erste IVAM-Mitgliederversammlung fand 2000 im Bergbaumuseum Bochum statt. Am Abend gab es unter dem Motto „Marketing und nonverbale Kommunikation“ einen Impulsvortrag von dem Pantomimen und Experten für Körpersprache Samy Molcho. In den Folgejahren haben wir im Rahmenprogramm der Mitgliederversammlung viele spannende Querschnittsthemen behandelt und tolle Locations im Ruhrgebiet – häufig Industriedenkmäler – kennengelernt.

IVAM-Mitgliederversammlung 2006 im Umspannwerk Recklinghausen - eine von vielen spannenden Locations im Ruhrgebiet.
IVAM-Frühlingsfest 2003 im Harenberg City Center - Musik und Commedy mit "Le Duo" .

Im Jahr 2003 habe ich das erste Jubiläum als Frühlingsfest im Harenberg City Center mitgefeiert: 10 Jahre Mikrostruktur-Initiative. Die Mikrostruktur-Initiative entstand 1993, also zwei Jahre bevor 1995 der Verein IVAM e.V. gegründet wurde. Jetzt nehmen wir meist die Vereinsgründung als Referenzdatum für unser Jubiläum. Das 25-jährige Jubiläum des IVAM e.V. im Frühjahr 2020 wird auch meine persönliche Zwanzigjahrfeier werden.

Zwei bis drei Workshops pro Jahr zu Technik- und Marketingthemen haben wir in meiner Anfangszeit durchgeführt. Der erfolgreichste zum Thema Implantate hatte über 80 Teilnehmer. Das schaffen wir heute nicht mehr so oft. Damals hatten wir ein Alleinstellungsmerkmal. Heute gibt es einfach zu viele Angebote. Rekordverdächtig in jüngeren Jahren war das COMPAMED Frühjahrsforum 2011 zum Thema „Materialien für die Medizintechnik“ mit rund 60 Teilnehmern.

Mediengerechte Begleitung des Messeauftritts auf der Hannover Messe 2002 in Form von Fotodokumentation.

Meine erste Messe mit dem IVAM-Produktmarkt Mikrosystemtechnik war die Hannover Messe 2000. Die Industriemesse ging damals noch über 6 Tage, von Montag bis Samstag. Zuzüglich Aufbautag am Sonntag vor Messebeginn war das eine komplette Woche in der Parallelwelt. Im Jahr 2000 waren wir mit 36 Mitausstellern in Hannover. In den Folgejahren wurden es, auch dank des Sonderausstellungbereichs MicroTechnology, ständig mehr. Unseren Ausstellerrekord auf der Hannover Messe haben wir 2008 mit 73 Mitausstellern erreicht.

In diesen Jahren habe ich miterlebt, wie die Mikrotechnik aus dem Forschungs- und Entwicklungsstadium herausgewachsen und zunehmend in Produkte und Anwendungen eingeflossen ist. Auf der Hannover Messe findet man Mikrotechnik heute über die gesamte Messe verteilt in fast allen Ausstellungsbereichen – sei es digitalisierte Produktion und Industrie 4.0, Automatisierung, Robotik, Energie oder Logistik. Das macht es uns schwer, auf der Messe einen geeigneten Standort für einen Gemeinschaftsstand zu finden, weshalb wir den Messestandort schweren Herzens aufgegeben haben.

Die Entwicklung von Technologie und Innovation zu marktreifen Produkten und Verfahren kann man auch daran ablesen, dass heute die Medizintechnikzuliefermesse COMPAMED unsere Flaggschiff-Messe ist. Ungefähr 50 Unternehmen und Forschungsinstitute stellen mit uns jedes Jahr im November in Düsseldorf aus, und es könnten wesentlich mehr sein, wenn noch Platz in der Messehalle wäre.

Immer wieder neue Themen und Aktivitäten – Stillstand gab es nie

In meiner Zeit bei IVAM hat sich immer irgendetwas entwickelt. Im Jahr 2000 wurde die IVAM Service GmbH als Gesellschaft des e.V. und anderer Technologienetzwerke gegründet. Seit 2006 ist der IVAM e.V. der einzige Gesellschafter. 2001 übernahm Uwe Kleinkes die Geschäftsführung der GmbH, Christine Neuy wurde Geschäftsführerin beim IVAM e.V..

2001: Führungswechsel beim IVAM e.V. und bei der IVAM Service GmbH. Quelle: Ruhr-Nachrichten

Zusammen mit der Stadt Dortmund baute IVAM in dieser Zeit die MST.factory dortmund auf dem ehemaligen Hochofengelände Phoenix West auf – ein einzigartiges Technologiezentrum mit technischer Ausstattung und speziellen Dienstleistungen für junge Mikro- und Nanotechnikfirmen. Damit begann eine langjährige Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Dortmund, aus der unter anderem die Konferenzreihen MST-Regionalkonferenz (später: Dortmunder MST-Konferenz) und NRW Nano-Konferenz sowie die Dortmunder Summer School Mikrotechnik (2006-2010) hervorgegangen sind.

Dortmunder MST-Konferenz 2014 im Heimatstadion des Dortmunder Ballspielvereins.

Anfang 2004 haben wir uns dann auch thematisch breiter aufgestellt und neben Mikro- und Nanotechnologien die neuen Materialien in das Portfolio aufgenommen. Organisatorisch geschah dies, indem IVAM die Anteile der Initiative Neue Materialen NRW erwarb.

Einen kompletten Neuanstrich erhielt IVAM im Jahr darauf: Aus dem IVAM NRW e.V. wurde der „Fachverband für Mikrotechnik“ und auf Briefpapier, Webseite und Werbemitteln erstrahlte ein frisches Logo. Seitdem sind wir nur noch „der Fachverband“ und schweigen darüber, wofür das Akronym IVAM ursprünglich stand.

Das IVAM-Logo im Wandel der Zeit.

Kooperationen rund um die Welt – IVAM wurde immer internationaler

In den 2000er-Jahren wurde IVAM immer internationaler. Mit unseren Nachbarn in den Niederlanden sind wir durch unsere Partnerschaft mit MinacNED – Association for Microsystems and Nanotechnology schon ewig verbandelt. Ab 2005 wurden systematisch Partnerschaften in Übersee aufgebaut, angefangen mit der MEMS Industry Group in den USA, dem Industrial Technology Research Institute (ITRI) in Taiwan und dem MicromachineCenter in Japan. Im Lauf der Jahre kamen Partnerschaften mit der Nano Technology Research Association of Korea NTRA (2008), SEMI Europe (2012) und der Singapore Precision Engineering and Tooling Association SPETA (2016) hinzu.

Es wurden Reisen zur Markterkundung und Messeevaluierung in zahlreiche Länder Europas, nach Moskau, in die Türkei, nach Indien, Südkorea, Brasilien und China unternommen und Delegationen aus aller Herren Länder empfangen. Und selbstverständlich begleitet IVAM jedes Jahr die deutsche Delegation zum Micromachine Summit, dem internationalen Gipfeltreffen der Mikrotechnik/MEMS-Community, das 2010 auch einmal bei uns in Dortmund stattgefunden hat.

16. International Micromachine Summit 2010 in Dortmund auf der Zeche Zollern.

In welchen Ländern IVAM tätig wird, bestimmen globale Marktentwicklungen und unsere Mitglieder. Derzeit liegen die Schwerpunkte unserer internationalen Aktivitäten neben Europa in den USA und Asien, wo wir unseren Mitgliedern Messeteilnahmen und Business Meetings bei der MD&M West (Kalifornien) MMA (Singapur), CMEF (China), oder Medical Creation (Japan) ermöglichen.

Woran ich am liebsten erinnere, ist meine Reise zur Konferenz Commercialization of Micro Systems (COMS) im Jahr 2006 in St. Petersburg in Florida. Dort durfte ich zwei Vorträge halten und den IVAM-Stand in der Begleitausstellung betreuen. Die Atmosphäre war so entspannt und die Menschen so freundlich, dass es sich kaum wie Arbeit angefühlt hat. 1999 haben wir übrigens die COMS in Dortmund ausgerichtet. Ich sage „wir“, obwohl das tatsächlich vor meiner Zeit war.

Standaufbau und Netzwerken auf der internationalen Konferenz Commercialization of Micro Systems (COMS) 2006 in St. Petersburg in Florida.

Studien auf Knopfdruck – Wirtschaftsforschung bei IVAM

Der Konferenzbesuch in Florida war schon Teil meines zweiten Lebens bei IVAM. Anfang 2005 habe ich die Pressearbeit abgegeben und mich um den neu aufgesetzten Geschäftsbereich IVAM Research gekümmert. Daten erheben und auswerten – das habe ich schon in meinem Wirtschaftsgeografie-Studium gerne gemacht. Wie man komplexe Formeln und Verknüpfungen in Excel programmiert, habe ich allerdings erst bei der Auswertung der IVAM-Wirtschaftsdatenerhebung gelernt.

IVAM Research aufzubauen war anfangs vor allem Fleißarbeit. Wir haben damals angefangen, die Mikro- und Nanotechnik-Industrie in Europa zu inventarisieren und Unternehmen und Forschungseinrichtungen mithilfe einer Technologie- und Markt-Matrix zu charakterisieren. Gesammelt wurden und werden diese Informationen noch heute in einem speziell für uns programmierten CRM-System. Aus den Unmengen an statistischen Daten sind unter anderem Standortanalysen und Cluster-Studien entstanden, die wir als „MST-Atlas Deutschland“ und „MST-Atlas Europa“ veröffentlicht haben.

Weil unsere Datenbank so perfekt programmiert und gepflegt war und einen schnellen Export ausgewählter Informationen ermöglichte, hieß es irgendwann, dass Frau Lehmann „Studien auf Knopfdruck“ macht. Ganz so einfach war das natürlich nicht, man musste schon noch Summen bilden, Prozente ausrechnen, Grafiken erstellen und einen Kommentar dazu schreiben.

IVAM Research Studien - unzählige Personentage sind hier eingeflossen.
IVAM-Executive-Panel-Befragung zur Dateschutzgrundverordnung der EU.

Im Lauf der Jahre sind weitere Studien über die Mikro- und Nanotechnik-Start-up-Szene, Standardisierung und Normung der Mikrosystemtechnik, den Einsatz von Social Media in Hightech-Unternehmen oder Internationalisierungsstrategien hinzugekommen.

Die Umfragen, die Teil meiner Arbeit als Economic Research Manager sind, habe ich ganz oben schon kurz erwähnt. Die Ergebnisse der Wirtschaftsdatenerhebung, die wir seit 2005 einmal im Jahr unter Mikro- und Nanotechnik-Unternehmen und -Instituten in Europa durchführen, benutzen wir als Basis für die Planung unserer Aktivitäten und für die Interessenvertretung.

Die IVAM-Executive-Panel Befragungen, in denen wir Meinungen zu tagesaktuellen Themen abfragen, machen immer besonders viel Spaß, weil sie spontan, kurz, sehr schnell ausgewertet und gutes Futter für die Öffentlichkeitsarbeit sind.

Verbandsarbeit und Unternehmensleitung sind ein weites Feld

Anfang 2010 begannen dann noch einmal sehr aufregende Zeiten, als das etablierte Geschäftsführungs-Duo Neuy und Kleinkes innerhalb weniger Monate unabhängig voneinander zu neuen Ufern aufbrach. Herzliche Grüße nach Freiburg und Hamm!

Die entstandenen Lücken zu füllen, stellte sich als schwierig heraus. Der IVAM-Vorstand entschied schließlich, Mitarbeiter aus dem Team in Leitungspositionen einzusetzen, um Kontinuität bei der Marschrichtung sicherzustellen. So erhielten ich und meine Kollegin Inga die Prokura und die Möglichkeit zur Mitgestaltung des Verbands. An die fruchtbaren Strategie-Gespräche mit unserem damaligen Vorstandsvorsitzenden und heutigen Ehrenpräsidenten Frank Bartels erinnern wir uns gerne.

Als 2014 dann Thomas Dietrich seine Arbeit als hauptamtlicher Geschäftsführer aufnahm, konnte Herr Bartels sein Amt als Mentor niederlegen. Mit Thomas Dietrich kamen wieder neue Ideen und Angebote in den Verband, zum Beispiel unsere Fachgruppen und ZIM-Netzwerkprojekte.

Kick-off der IVAM-Fachgruppe Mikrofluidik im März 2014 am Flughafen Stuttgart.

Durch den Wechsel habe ich einen tiefen Einblick bekommen, was die Kombination aus Verbandsarbeit und Geschäftsleitung in einem Unternehmen alles mit sich bringt. Die Vor- und Nachbereitung der Mitgliederversammlung und der Vorstandssitzungen, Strategieentwicklung, Organisationsentwicklung, Finanzplanung und Controlling, Personalplanung und Einstellungsverfahren sind nur einige Dinge, die seitdem zum Tagesgeschäft gehören. Wie gut, dass wir das zu dritt machen und aus dem Team so viel Unterstützung bekommen.

Manchmal kommen auch unliebsame Aufgaben dazu, wie etwa die Umsetzung von Datenschutzrichtlinien. Zum Ausgleich für das Paragraphenwälzen darf ich ab und zu kreativ werden und Texte für die IVAM-Webseite und andere Werbemittel schreiben – zurück zu den Wurzeln des Werbetextens! Auch die Aufgaben aus dem Arbeitsbereich Research liegen noch auf meinem Tisch, bleiben dort allerdings jetzt öfter etwas länger liegen.

Resümee: Warum man es zwanzig Jahre lang bei IVAM aushalten kann

Heute fühlt es sich so an, als hätte ich in den zwanzig Jahren bei IVAM fast alles mal gemacht. Dass sich die Aufgaben immer wieder gewandelt haben und keine Routine aufkam, ist einer der Gründe dafür, dass ich so lange dabeigeblieben bin.

Strategisches Teamtreffen im Sommer 2019.

Andere interne Gründe sind das gute Betriebsklima und die enge Zusammenarbeit innerhalb des Teams, in dem sich alle gegenseitig unterstützen. Über 100 Kollegen und Kolleginnen habe ich in den zwanzig Jahren kommen und gehen sehen, studentische Hilfskräfte und Praktikanten inklusive, und meistens hat die Verständigung gut funktioniert. Vielleicht liegt es an unseren regelmäßigen Teamteamtreffen, in denen wir gemeinsam strategische Entscheidungen treffen, und an den häufigen Teamaktionen, bei denen wir gemeinsam paddeln, klettern, kochen oder malen.

Stärkung für die Fitness und für das Teamgefühl: Kanutour auf der Ruhr mit dem IVAM-Team (2015).

Nicht mehr zählen kann ich die vielen IVAM-Mitglieder, die ich im Lauf der Jahre kennengelernt habe. Sie sind auch ein Grund dafür, dass die Arbeit im Verband spannend bleibt. Die Digitalisierung der Kommunikation hat in den letzten zwei Jahrzehnten leider auch dazu geführt, dass man seltener miteinander spricht. Falls Sie mich tatsächlich nur als Absenderin von Fragebögen kennen: Kommen Sie zum 25-jährigen IVAM-Jubiläum am 23. April 2020. Das ist eine gute Gelegenheit, der Frau mit den Umfragen einmal die Hand zu schütteln.