Zunächst sah es so aus, als ob die USA tatsächlich die stärkeren „Waffen“ gegenüber China hätte, da die Importe in die USA mit 540 Mrd USD größer waren als die Exporte nach China mit nur 120 Mrd USD. Damit sind die direkten Umsatzeinbußen bei chinesischen Unternehmen erst einmal höher als die auf der amerikanischen Seite.
Was allerdings oft übersehen wird: Viele Produkte sind ohne Komponenten aus China – zumindest kurzfristig – nicht zu bauen. Die entsprechenden Zollerhöhungen werden natürlich dann von den Konsumenten in den USA bezahlt, über teurere Produktpreise.
Um den Druck zu erhöhen, hatte Präsident Trump zunächst Mitte Mai den nationalen Notstand für die Telekommunikation erklärt und den chinesischen Smartphone-Hersteller Huawei auf die „Entity-Liste“ gesetzt. Damit sollten keine amerikanischen Produkte mehr an Huawei geliefert werden. Besonders pikant: Dies sollte auch für die Android-Software gelten. Google hatte dann auch zunächst direkt die Updates für Huawei-Geräte eingestellt.
Amerikanischen Chiphersteller reagierten zunächst pragmatisch: da nur amerikanische Produkte in das Embargo einbezogen wurden, wollten einige Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern. Unter das Embargo fielen nämlich nur Produkte, die zu mindestens 25% aus Teilen bestehen, die in den USA hergestellt wurden.
Ende Juni folgte dann zunächst die Entwarnung. Trump sagte öffentlich zu, dass Huawei wieder Chips und andere Technik aus den USA beziehen kann. Leidtragende der Auflagen wären nämlich keineswegs nur die Chinesen, sondern ebenso die amerikanischen Unternehmen. Nach eigenen Angaben kauft Huawei jährlich Waren im Wert von 11 Mrd USD in den USA!
Der Handelsstreit ist, trotz Ende der Sanktionen, noch längst nicht beigelegt. Laut des US-Handelsministers Ross bleiben große Streitpunkte und Hersteller wie Huawei treffen fortan unternehmenspolitische Entscheidungen, die ihnen helfen, zunehmend unabhängiger von amerikanischen Großkonzernen zu werden.
Ein Aspekt im schwelenden Handelsstreit zwischen China und den USA ließ die Hightech Branche aufhorchen: China drohte damit, die Lieferung "Seltener Erden" einzustellen.
China ist der größte Produzent von seltenen Erden, Metallen mit besonderen Eigenschaften, die für die Mikroelektronik und Mikrotechnik benötigt werden. Die größten Vorkommen dieser Stoffe liegen nun mal im Reich der Mitte. Was bedeutet das für unsere Wirtschaft? Sind oder werden wir abhängig von China? Oder können wir die Rohstoffe anderweitig ersetzen?
Insbesondere die Oxide von Seltenen Erden
sind wichtige Rohstoffe für die Produktion von Mikroelektronik oder anderen Hightech-Produkten.
Ohne Seltene Erden hätte der Elektromotor der Zukunft keine Chance: In solchen Motoren stecken die stärksten Magnete, die heute herstellbar sind. Sie bestehen aus einem Neodym-Eisen-Bor-Gemisch mit etwa 20 Prozent Neodym. In Elektro- oder Hybridfahrzeugen können bis zu 20 Kilogramm der Seltenen Erden stecken, sowohl im Motor als auch in LEDs oder als Zusätze im Lack.
Wesentlich kleiner sind die Supermagneten, die in Festplattenlaufwerken stecken. Kein Smartphone kommt ohne diese Magnete aus. Durch ihre hohe Energiedichte konnten die Geräte überhaupt erst so klein werden.
Die Touchscreens von Smartphones und Tablet-PCs funktionieren nur dank Indiumoxid als transparenten Leiterbahnen. Cer macht Oberflächen widerstandsfähiger, sodass Autolacke und Scheiben nicht mehr so schnell verkratzen wie früher. Glühbirnen, LEDs oder Neonröhren enthalten Seltenerdmetalle, die sie zum Leuchten bringen.
Die Förderung der Seltenen Erden ist jedoch oft umweltschädlich. Zum Beispiel entstehen durch das Auswaschen mithilfe von Säuren giftige Abwässer. Als China 2010-2015 die umweltschädliche Produktion einschränkte, gab es einige Panik in den westlichen Industrieländern. Dabei waren diese ja gerade sowohl für die Abhängigkeit von China als auch für die Umweltschäden verantwortlich.
Auch wenn der konkrete Konflikt um das Handelsembargo zunächst beigelegt wurde: Es bleibt die generelle Frage, wie wir in Europa mit potenziellen Einschränkungen des Handels durch die Großmächte umgehen wollen. Eine generelle Linie gibt die Politik nicht vor.
Die Industrie- und Handelskammern verhalten sich abwartend, meist mit dem Argument, dass sich ständig die Randbedingungen durch neue Eskalation des Streits ändern würden.
Traditionell sind uns die USA natürlich näher. Wir haben ähnliche Werte und Grundordnungen. Länder wie China, in denen der Staat große Möglichkeiten hat, in die persönlichen Freiheiten von Privatpersonen und in die wirtschaftlichen Geschäftsprozesse von Unternehmen einzugreifen, sind uns fremder.
Aktuell scheint die Politik Chinas allerdings berechenbarer als die der USA. China ist genauso wie wir an einem freien weltweiten Handel interessiert. Letztlich bleibt den Unternehmen nur die eigene Bewertung, mit welchem Land sie die besseren wirtschaftlichen Beziehungen aufgebaut haben und die besseren Erfolge erwarten.
Wie machen Sie das in Ihrem Unternehmen? Liefern sie nach China und in die USA? Beeinflusst der Handelsstreit Ihre Entscheidungen bzgl. Ihrer Kunden und Märkte?
Brauchen Sie Unterstützung, Beratung, Hilfe bei Ihren Entscheidungen? IVAM kann Sie bei der Internationalisierung unterstützen!
Hintergrund:
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