Für die Organismen selbst ist Biofouling nützlich, da es die Organismen vor Austrocknung, Fressfeinden und Umweltgiften schützt. Ökonomisch und ökologisch gesehen führt Biofouling allerdings besonders in der marinen Industrie zu gravierenden wirtschaftlichen Schäden.
Durch die Bildung eines marinen Biofilms auf Schiffsrümpfen erhöht sich dessen Gewicht und zusätzlich auch der Strömungswiderstand, was zu einem bis zu 30 % höheren Treibstoffverbrauch führt. In Folge müssen die Schiffe regelmäßig trocken laufen, gereinigt und neu lackiert werden.
In den 70ger Jahren wurden vor allem Tributylzinn-Verbindungen (TBT) eingesetzt, um marines Biofouling zu verhindern. Da TBT ein starkes Biozid ist, hat es sehr effektiv den Bewuchs von Schiffsrümpfen verhindert, war allerdings auch toxisch gegenüber anderen Meerestieren. So führte der Einsatz von TBT zu einem Massensterben an Austernlarven und Fehlbildungen von Austern in französischen Austern-Zuchtfarmen. Infolgedessen wurde die Verwendung von TBT-Verbindungen 2003 von der Internationalen Maritimorganisation verboten.
Aufgrund des Mangels an umweltfreundlichen Alternativen kann man auch heutzutage nicht vollständig auf biozidhaltige Beschichtungen verzichten.
Kupferhaltige Beschichtungen werden als umweltfreundlichere Alternative verwendet, allerdings weisen sie nur eine geringe Antifoulingwirkung auf. Aus diesem Grund enthalten sie Kupferverbindungen in sehr hohen Konzentrationen, die in diesen großen Mengen ebenfalls als Umweltgift wirken, sowie sekundäre umweltschädliche agrochemische Biozide, so genannte „Booster-Biozide“ (z.B. Zineb, Irgarol 1051, Sea-Nine 211). Dennoch werden auch heutzutage immer mehr Biozidverbindungen verboten.
Aufgrund der ausgeprägten Relevanz ist die Entwicklung von biozidfreien Alternativen zur Prävention von marinem Biofouling von großem Interesse. An umweltfreundlichen Alternativen wird allergings immer noch intensiv geforscht. Unter anderem an fouling-release Beschichtungen, die zwar nicht verhindern, dass sich Organismen anlagern können, die aber die Bindungsstärke zwischen der Oberfläche und dem Organismus reduzieren, wodurch diese einfach durch hydrodynamisch Kräfte entfernt werden können, z.B. wenn ein Schiff fährt.
Diese fouling-release Beschichtungen basieren hauptsächlich auf Polydimethylsiloxan (PDMS), superhydrophilen zwitterionischen, amphiphilen Oberflächenchemien oder aber Fluoropolymeren. Durch eine Kombination aus Unpolarität, einer niedrigen Oberflächenenergie und den abweisenden Eigenschaften hydrophiler Komponenten kann die Haftstärke deutlich reduziert werden.
Wie können vielversprechende Oberflächen bezüglich ihrer fouling-release/ antifouling Wirkung mit Hilfe der Mikrofluidik untersucht werden?
Um vielversprechende Oberflächenchemien für fouling-release Anwendungen zu untersuchen, wurden Ablösungs- und Anlagerungsexperimente entwickelt, in denen durch das Anlegen mechanischer Kräfte die Ablösung der Organismen initiiert werden oder die Adhäsion mariner Organismen verhindert werden kann.
In Ablösungsexperimenten werden Organismen erst statisch auf den zu untersuchenden Oberflächen akkumuliert und anschließend durch eine steigende Scherrate wieder von der Oberfläche gelöst. Die Anlagerung auf verschiedenen Oberflächen kann durch die Auftragung der prozentualen Ablösung gegen den angelegten Wasserdruck ermittelt werden. Somit lässt sich vergleichen, wie einfach biofilmbildende Organismen von verschiedenen Oberflächen entfernt werden können.
Diese Systeme wurden bisher unter turbulentem Fluss angewendet (Water jets, turbulente Flusskammern, rotierende Scheibe), oder aber auch unter laminaren Bedingungen in einem mikrofluidischen Testsystem. Mikrofluidische Testsysteme haben den Vorteil, dass sie eine in-situ Mikroskopie während des Ablösungsprozesses sowie eine einfache Berechnung der benötigten Parameter an Hand der Kanaldimensionen erlauben. So lässt sich zum Beispiel sowohl die Scherrate, bei der die Hälfte der adhärierten Organismen abgelöst werden konnten, als auch die auf die adhärierten Organismen wirkende Kraft, unkompliziert berechnen.
Da die Abwesenheit einer Scherkraft während der Anlagerungsphase die Ausbildung fester Bindungen zwischen den Organismen und der Oberfläche beeinflusst, wurde von Zargiel et al. eine dynamische Phase in mikrofluidischen Messungen vorgeschlagen. Daraus entwickelten sich die mikrofluidischen Adhäsionsexperimente, die aufgrund des geringen Reaktionsvolumens einen laminaren Fluss erlauben. Sie können zudem zeigen, inwieweit die initiale Adhäsion von biofilmbildenden Organismen auf verschiedenen Oberflächen reduziert ist. Dies bietet den Vorteil, dass man die Experimente mit einer in-situ-Mikroskopie kombinieren und somit sehen kann, wie die Adhäsionskinetik ist, welche Anlagerungspräferenzen verschiedene Organismen haben und wie sich der Biofilm im Laufe des Experimentes ausbildet.
In verschiedenen mikrofluidischen Adhäsionsexperimenten konnte gezeigt werden, dass die initiale Adhäsion von marinen Diatomeen und marinen Bakterien auf verschiedenen Modeloberflächen, bestehend aus selbst-assemblierenden Monolagen, sowie auf neu entwickelten bioresistenten Polyglycerolbeschichtungen diskriminiert werden konnte.
Durch die Nutzung mikrofluidischer Adhäsionsexperimente können somit neue fouling-release und antifouling Beschichtungen untersucht und, bezüglich ihrer Fähigkeit die Adhäsion verschiedener Organismen zu resistieren, als potenziell vielversprechende Beschichtung eingeordnet werden. Dies ist besonders vor meist sehr aufwändigen Feldtestexperimenten unter realen Bedingungen ein wichtiger Schritt in der Oberflächenentwicklung und ein mächtiges Tool, um marine Beschichtungen zu entwickeln.
Neben SLIPS® Dolphin ist die beste momentan erhältliche Beschichtung, um Biofouling zu verhindern Intersleek 1100 SR, eine biozidfreie, ultra glatte, fouling-release Beschichtung basierend auf Fluoropolymeren, die selbstreinigend sind. Die fouling-release Eigenschaft dieser Beschichtung ist im Vergleich mit anderen Beschichtungen selbst bei deutlich geringeren Scherkräften herausragend und zudem langlebig. So können Schiffsrümpfe durch die Scherkraft während der Fahrt und durch einfaches Abwaschen gereinigt werden.
Ein Nachteil dieser selbstreinigenden fouling-release Beschichtungen ist allerdings die Anwendung auf nur statisch eingesetzten Unterwassergegenständen, wie z.B. Sensoren, oder aber Oberflächen, die keiner ausreichenden Scherkraft ausgesetzt sind, um marines Biofouling langfristig zu verhindern.
Zudem können nicht alle Organismen bei sehr geringen Scherkräften (z.B. unter 10 Knoten) losgelöst werden, als prominentestes Beispiel gilt hier Schleim. Gerade auf Oberflächen, die statisch unter Wasser installiert sind und bei denen eine regelmäßige Reinigung problematisch ist, weisen diese Beschichtungen Nachteile auf. Es bleibt also noch viel Forschungsbedarf, um marines Biofouling langfristig und unter vielen verschiedenen Bedingungen zu verhindern.
Kann Mikrofluidik bei der Prävention von marinem Biofouling helfen? Haben Sie Erfahrungen mit entsprechenden Anwendungen oder passende Technologien? Kontaktieren Sie uns gerne.
Quellen:
https://idw-online.de/de/news486317
https://www.pcimag.com/articles/107032-a-greener-solution-to-deter-marine-biofouling
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Zargiel, K, Swain, G. Static vs dyamic settlement and adhesion of diatoms to ship hull coatings. Biofouling 30,115-129 (2014); doi: 10.1080/08927014.2013.847927
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